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[ Thomas Bernhard ]

Heldenplatz (Bernhard, 1988)

"Heldenplatz" beschreibt den Monat März 1988, 50 Jahre nachdem Adolf Hitler auf dem Heldenplatz in Wien unter dem Jubel der Wiener Bevölkerung die Annektierung Österreichs an Deutschland ausruft. Die erste Szene spielt sich in der Wohnung des verstorbenen Professor Josef Schusters, in der Nähe des Heldenplatzes, ab. Herta, das Hausmädchen und Frau Zittel, die Wirtschafterin des Professors, kümmern sich um die Wäsche und richten das Leichenmahl für den Abend her. Frau Zittel, rezitiert während der ganzen ersten Szene den toten Professor: "Jetzt ist alles noch viel schlimmer / als vor fünfzig Jahren hat er gesagt ..." Der Professor hatte sich am Vortag aus dem Fenster gestürzt. Seine Frau hört seit zehn Jahren die Hitler zujubelnden Massen von 1938. Ihre Anfälle und die Zustände im heutigen Österreich hatten den Professor in den Selbstmord getrieben. In der Wohnung stehen überall nach Oxford adressierte Kisten. Da der Professor in den nächsten Tagen Österreich zusammen mit seiner Frau verlassen und zurück nach Oxford ziehen wollte, ist die Wohnung bereits verkauft. Frau Zittel: "Anstatt nach Oxford / geht jetzt alles nach Neuhaus / Das war voreilig / ..." Im ersten Akt erfährt man, dass der Professor vor dem zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten aus Österreich verjagt wurde und sich damals in Oxford niederliess. Auf Bitten des Wiener Bürgermeisters kehrte er in den fünfziger Jahren nach Wien auf seinen Lehrstuhl zurück.

Die zweite Szene spielt im Volksgarten in Wien. Anna und Olga, die Töchter des verstorbenen Vaters, kehren nach dem Begräbnis zusammen mit ihrem kranken Onkel, Professor Robert Schuster, in die Wohnung des Verstorbenen zurück. Anna versucht sich die Kurzschlusshandlung ihres Vaters zu erklären: "Der Vater hat sich ja vor Oxford gefürchtet / alle die er gekannt hat / sind weggestorben / ... / Wien ist ihm verhasst gewesen / aber in Oxford hätte er nichts mehr gefunden / das ihm vertraut gewesen ist /".

Die Töchter kommen auf die Beziehung ihres Vaters mit ihrer Mutter zu sprechen: " ... mit der Mutter hat er nichts mehr anfangen können / während sich die Zittel mehr und mehr / zu einer richtigen Gefährtin entwickelt hat / ..." Die Mutter kümmerte sich um ihre Fabriken und war die "Gesellschaftlichere". Der Vater jedoch konnte nichts mit den Wiener Gesellschaften anfangen, er hasste diese.

Mit Onkel Robert diskutieren die beiden Töchter über ihre Familie, über Österreich, über die Welt. Professor Robert: "... perverse Caritasdirektoren / reisen mit dem Flugzeug erster Klasse nach Eritrea / und lassen sich für die Weltpresse / mit den Verhungerten fotografieren / ..."

In der dritten Szene versammelt sich die Familie und die engsten Freunde in der Wohnung des Verstorbenen. Wortführend beim Leichenmahl ist der Bruder Robert. Es folgt eine lange Hasstirade über den Staat Österreich, den wiederaufkommenden und immer bestehenden Judenhass: "In diesem fürchterlichsten aller Staaten haben sie ja nur die Wahl / zwischen schwarzen und roten Schweinen / ...". Die Frau Professor Schuster, Frau des Verstorbenen, beginnt die anschwellenden Schreie der Massen, bei Hitlers Ankunft auf dem Heldenplatz 1938, zu hören. Das Geschrei steigert sich ins Unerträgliche und Frau Professor Schuster fällt plötzlich tod mit dem Gesicht nach vorn auf die Tischplatte. Alle erschrecken.


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Roman Adrian Spirgi